„Kann ich zu jeder Zeit schwanger werden?“

Nein! Bei einer Frau ist das eigentlich nur an einem Tag in jedem Zyklus möglich. Denn ihre Eierstöcke geben jeden Monat nur eine Eizelle frei, die höchstens 18 Stunden befruchtungsfähig bleibt.

„Warum klappt das mit der Schwangerschaft nicht gleich?“

Die Befruchtung ist ein sehr komplizierter Vorgang. Daß es immer wieder dazu kommt, ist und bleibt ein Wunder. Man muß wissen, daß unter völlig normalen Verhältnissen nur etwa 18 Prozent aller gesunden Frauen in einem Zyklus schwanger werden.
In den meisten Fällen sind solche Bedenken unberechtigt. Wichtig ist, daß die Partner keinen Zeugungsstreß entwickeln. Die Erfahrung zeigt, daß sechs von zehn Paaren, die ein Kind möchten, schon im ersten halben Jahr spontan schwanger werden. Bei anderen dauert es länger, bis ihr Wunsch auch ohne ärztliche Hilfe in Erfüllung geht. Ist es nach ein bis zwei Jahren nicht zu der erwünschten Schwangerschaft gekommen, sollte man ärztlichen Rat suchen.

Schwangerschaften bei Kinderwunsch im Überblick:
Nach 6 Monaten sind spontan schwanger 55 – 65 % der Paare
nach weiteren 6 Monaten 15 – 20 %
in den nächsten Jahren noch 10 – 15 %

Es verbleiben somit etwa 10 bis 15 Prozent der Paare, bei denen spontan keine Schwangerschaft eintritt.

„Kann ich fühlen, welche Tage günstig sind, um schwanger zu werden?“

Im Prinzip ja. Denn jeder gesunden Frau ist es möglich, bei sorgfältiger Beobachtung ihres Körpers den Rhythmus der eigenen Fruchtbarkeit zu erspüren. Am auffälligsten ist natürlich die Regelblutung. Mit ihr beginnt jeweils ein neuer Zyklus, in dessen Verlauf ein Eisprung stattfinden kann. Weitere Körperzeichen sind der Mittelschmerz und die Veränderungen von Körpertemperatur, Zervixschleim und Gebärmutterhals.

„Was haben Eisprung, Temperatur und Zervixschleim miteinander zu tun?“

Zum Hintergrund: Am Eisprung sind in einem komplizierten Wechselspiel mehrere Hormone beteiligt, die von Tag zu Tag in unterschiedlicher Menge im weiblichen Organismus gebildet werden. Kontrolliert und gesteuert wird dieses Wechselspiel vom Gehirn aus mit Hilfe der Hormone FSH (= Follikelstimulierendes Hormon) und LH (= Luteinisierungshormon). Unter dem Einfluß von FSH und LH kommt es in der ersten Zyklushälfte zur Reifung des Eibläschens und gleichzeitig zu einem Anstieg der Follikelhormone (Östrogene), die im reifenden Eibläschen gebildet werden. Diese Ostro-gene führen einige Tage vor dem Eisprung zu einer vermehrten Bildung des Zervixschleims im Gebärmutterhals (Zervix) und zu einer Auflok-kerung seiner Struktur. Den Samenzellen wird es damit – und nur in dieser Zeit – möglich, in die Gebärmutter aufzusteigen. Der durch die Scheide abfließende Schleim wird für die Frau äußerlich sichtbar.
Kurz vor dem Eisprung steigt das LH steil an (LH-Gipfel). Es folgt das Platzen des reifen Eibläschens und das Ausstoßen der Eizelle, der sogenannte Eisprung. Nach dem Eisprung wird im Eierstock verstärkt das Gelbkörperhormon Progesteron gebildet. Das Progesteron bewirkt, daß die Körpertemperatur um einige Zehntel Grad ansteigt und der Zervixschleim seine Fließ-Eigenschaften verliert. Die Frau weiß dann, daß die fruchtbare Phase vorbei ist. Außerdem bereitet es den weiblichen Körper schon sehr frühzeitig jeden Monat neu auf eine mögliche Schwangerschaft vor. Bleibt eine Schwangerschaft aus, wird dieser Countdown abgebrochen, die Hormone „stürzen“ ab. Mit der dann folgenden Regelblutung beginnt ein neuer Zyklus.

„Woran merke ich, welche Hormone gerade aktiv sind?“

Die hormonellen Schwankungen können von den meisten Frauen empfunden werden, wenn sie auf entsprechende Reaktionen ihres Körpers achten. Diese erste Zyklusphase – also die von Östrogen beherrschte Phase – stellt im allgemeinen eine körperlich und psychisch sehr stabile Hochleistungsphase dar, während in der zweiten, der Progesteron-Phase stärkere Schwankungen möglich sind. Um den Zeitpunkt des Eisprungs herum nehmen manche Frauen unklare Unterbauchbeschwerden (Mittelschmerz) wahr. Gelegentlich können schon ab diesem Zeitpunkt Brustveränderungen (empfindliche Brustwarzen, Brustspannen) auftreten, die oft im Laufe der zweiten Zyklusphase noch ausgeprägter werden.
Während manche Frauen die herannahende Menstruationsblutung überhaupt nicht bemerken, sind andere in dieser Zeit in ihrem Wohlbefinden stark beeinträchtigt. Man nennt dieses Phänomen auch „Prämenstruelles Syndrom‘: Körperliches Mißempfinden wie Migräne und Stimmungsschwankungen stehen dabei meist im Vordergrund. Man beobachtet auch daß Frauen in den verschiedenen Zyklusphasen sehr unterschiedlich Lust auf Sexualität (Libido) verspüren.

„Wie ist das mit dem genauen Zeitpunkt des Eisprungs?“

Den Zeitraum, in dem ein Eisprung stattfindet und eine Schwangerschaft möglich ist, kann jede Frau selbst eingrenzen. Dazu muß sie nur beobachten, wie sich ihr Zervixschleim und ihre Körpertemperatur verändern.
Wenn eine Frau den Verlauf ihrer Körpertempetratur verfolgt, stellt sie fest, daß es zwei Temperatur-Niveaus gibt. Vor dem Eisprung ist die Temperaturlage etwas niedriger. Um den Eisprung herum steigt sie erkennbar meist zwischen 0,2 bis O,5’C an und bleibt bis zum Ende des Zyklus auf diesem Niveau. Dieser Temperatur-Anstieg wird durch das Gelbkörperhormon Progesteron bewirkt. Durch den Temperatur-Anstieg weiß eine Frau, ob sie einen Eisprung hatte.
Aber auch der Beginn der vorausgehenden Fruchtbarkeit ist für die Frau erfaßbar. Das geschieht mit Hilfe des Zervixschleims. Normalerweise ist die Zervix, das heißt der Gebärmutterhals, durch einen zähen Schleimpfropf fest verschlossen. Dadurch gelangen die Samenzellen erst gar nicht in die Gebärmutter und sterben im sauren Milieu der Scheide nach ein bis zwei Stunden ab. Zum Eisprung wird der Schleimpfropfen aufgelöst und der Schleim dünnflüssiger. Jetzt können Samenzellen in ihn eindringen. Sie finden dort reichlich Nahrung, um in den nächsten Stunden und Tagen den beschwerlichen Weg bis zur Eizelle fortzusetzen.
Bei jedem Samenerguß werden zwischen 200 bis 700 Millionen Samenzellen durch Samenleiter und Harnröhre in die Scheide geschleudert. Ein Marathonlauf beginnt, denn die Samenzel-len müssen auf dem Weg zur Eizelle zuerst in den Zervixschleim einwandern, dann die Gebärmutterhöhle und den Eileiter durchwandern und eine Strecke von 15 bis 18cm zurücklegen – das dreitausendfache der eigenen Größe! Eine Samenzelle mißt 0,06 Millimeter. Zum Vergleich: Für einen zwei Meter großen Mann hieße das, sich „robbend‘ auf eine Distanz von 6.000 Meter zu begeben. Wenn eine Samenzelle dann im Eileiter eine Eizelle befruchtet hat, braucht diese noch einige Tage, bis sie in der Gebärmutter für neun Monate ihr Zuhause findet. Ist der Samen dagegen nicht fit genug oder wird ihm zum Teil durch verklebte Eileiter der Weg versperrt, so bleibt die ersehnte Schwangerschaft aus.

„Wie wissen wir, ob wir schwanger sind?“

Nach einer Befruchtung wird verstärkt Progesteron produziert und die Gebärmutter-schleimhaut so auf eine Schwangerschaft vorbereitet. Die Schleimhaut wird nicht abgestoßen, sondern weiter mit Nährstoffen angereichert und aufgebaut. Deshalb bleibt die Blutung aus und die Körpertemperatur in der Hochlage. So weiß eine Frau schon frühzeitig von ihrer Schwangerschaft. Und nicht nur das. Wenn eine Frau ihre Temperaturkurve führt, hat sie auch die Möglichkeit, den Geburtstermin genauer vorauszusagen. Denn sie kennt den Zeitraum, in dem der Eisprung stattgefunden hat.

„Wie erkenne ich die empfängnisfähige Zeit?“

Ein Tip: Legen Sie Ihr eigenes Körper-Tagebuch an. Kopieren Sie einfach das Zyklusblatt und tragen Ihre eigenen Beobachtungen dort ein. Je näher der Eisprung rückt, desto flüssiger und klarer wird der Zervixschleim. Eine Frau spürt dies als zunehmend feucht-nasses Gefühl an ihrem Scheideneingang. Wenn sie ihre Scheide abtupft, kann sie ihren Schleim sogar sehen und beurteilen. Die Tage mit einem feuchten oder nassen Gefühl im Scheidenbereich, an denen der Zervixschleim ein annähernd glasiges Aussehen bekommt und dehnbar wird, sind die günstigste Zeit, um schwanger zu werden. Auf diese empfängnisfähige Zeit weisen noch weitere körperliche Veränderungen hin. Zum Beispiel der Mittelschmerz, der sich zumeist als Ziehen im Unterleib bemerkbar macht, Brustspannen, Wassereinlagerungen im Gewebe – und vieles mehr.

„Wann und wie soll ich die Temperatur messen?“

Der beste Zeitpunkt ist morgens vor dem Aufstehen, direkt nach dem Aufwachen, entweder im After oder in der Scheide. Die Temperatur kann jedoch auch im Mund unter der Zunge gemessen werden. Durch ihre Aufzeichnungen sieht eine Frau mit einem Blick, wie ihre verschiedenen Körpersignale zusammenpassen. Mehrere Zyklen lassen sich miteinander vergleichen. Sie kann etwa feststellen, ob ein veränderter Lebensrhythmus (kurze Nächte, Urlaub, Schichtdienst) ihren Zyklus beeinflußt. Auch große körperliche oder psychische Belastungen können sich auf den Zyklus auswirken und die Fruchtbarkeit oftmals herabsetzen. Die Folge sind oft Zyklus-Störungen – wie z.B.Iange Zyklen, Zyklen ohne Eisprung oder Zyklen mit verkürzter Gelbkörperphase. Die Aufzeichnungen sind auf jeden Fall verwertbar, ja sie bieten der Arztin oder dem Arzt sogar eine ideale Möglichkeit, der Frau ihre persönliche Situation und Problematik zu erläutern.

„Man hört, meistens liege es an der Frau, dass es nicht klappt. Stimmt das?“

Diese verbreitete einseitige Schuldzuweisung ist falsch. Die Ursachen für unerfüllten Kinderwunsch liegen nämlich etwa zu gleichen Teilen beim Mann und bei der Frau – in jedem fünften Fall bei beiden. Das ist wichtig zu wissen – auch weil in der Vergangenheit die „Schuld“ für das Ausbleiben einer Schwangerschaft in aller Regel der Frau zugeschoben wurde.
Bei der Frau finden sich in fast 80 Prozent der Fälle hormonelle Ursachen, des weiteren „Wege-Probleme‘- also Veränderungen in der Gebärmutter und in den Eileitern, die der Eizelle oder den Samenzellen den Weg verlegen und damit eine Befruchtung unmöglich machen.
Beim Mann können Probleme bei den Samenzellen, der Samenzellen-Produktion und ebenfalls „Wege-Probleme‘ auftauchen – beispielsweise eine Verlegung der Samenleiter.
Beim Mann ist neben der körperlichen Untersuchung die baldige Analyse der Samenqualität unabdingbar, weil hierbei festgestellte schwerere Störungen einschneidendere Maßnahmen bei der Frau überflüssig machen.
Diese bestehen vor allem darin, daß – nach Ausschluß von hormonellen Ursachen – durch kleine optische Geräte, die in die Gebärmutter und in die Bauchhöhle eingeführt werden (Hysteroskopie und Laparoskopie), ein Verschluß der Eileiter und Mißbildungen der Gebärmutter ausgeschlossen werden.

„Es ist doch heute medizinisch fast alles möglich. Kann es sein, daß wir trotzdem keine Kinder bekommen?“

Eindeutig ja. Denn auch hier sind der Medizin Grenzen gesetzt. Es ist deshalb sinnvoll, bei Kinderwunsch zunächst einmal die erwähnten Untersuchungen durchführen zu lassen. Von gesicherten ärztlichen Befunden und Informationen ausgehend, kann jedes Paar entscheiden, ob überhaupt und inwieweit es sich hormonellen oder operativ notwendigen Therapien unterziehen möchte. Beide Entscheidungen sind nicht einfach. Wenn am Ende eines langen medizinischen Behandlungsweges der ersehnte Erfolg ausbleibt, ist das oft besonders schmerzhaft.

„Ich bin 35 Jahre alt. Birgt eine Schwangerschaft in diesem Alter ein erhöhtes Risiko?“

Viele Frauen, die ihren Kinderwunsch wegen Schule, Ausbildung, Berufstätigkeit oder aus anderen Gründen erst zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr realisieren können, haben oft unberechtigte Angst. Die Möglichkeit, Kinder zu bekommen, ist jedoch allgemein bis Mitte-Ende 30 kaum eingeschränkt.
Auch die Schwangerschaftsrisiken sind bei den 12.000 bis 15.000 Frauen, die pro Jahr bei uns nach dem 40. Lebensjahr noch ein Kind bekommen, nicht wesentlich erhöht – wenn keine schwerwiegenden Vorerkrankungen vorhanden sind. Es gibt allerdings ein erhöhtes Risiko wegen möglicher genetisch bedingter Mißbildungen. Wichtig ist in diesen Fällen eine eingehende Beratung durch eine Arztin oder einen Arzt. Beim Mann sind die biologischen Voraussetzungen anders. In seinen Hoden reifen bis ins hohe Alter jeden Tag Millionen von Samenzellen heran. Das bedeutet, er kann im Prinzip noch bis ins hohe Alter Vater werden.

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